Stuttgart. Die Junge Union (JU) Baden-Württemberg kommt nicht zur Ruhe. Im Vorfeld des Landestages der CDU-Jugendorganisation am 10. November in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena gibt es neuen Ärger. Auf der Rückseite des Einladungsflyers, mit dem der JU-Landesvorsitzende Nikolas Löbel die rund 300 Delegierten und etwa 200 Gäste einlädt, befindet sich ein Logo mit der Aufschrift "Azerbaijan Student Network" (Aserbaidschanisches Studentennetzwerk). 2000 Euro soll die JU von ihrem Sponsor bekommen. Geld, das die JU gut gebrauchen kann - schließlich muss sie für ihren Parteitag mindestens 10 000 Euro aufbringen.
Die Eingeladenen rieben sich trotzdem verwundert die Augen. Wie kommt man zu einem Sponsor aus einem Land, dass es mit der Einhaltung von Menschenrechten und demokratischen Spielregeln nicht so genau nimmt? Dazu kommt: Medienberichten zufolge soll das Studentennetzwerk unter anderem von Aserbaidschans Energiekonzern Socar unterstützt werden.
Kopfschütteln bei Amnesty
Dies ist ein Engagement, das bei den Berliner Vertretern von Amnesty International für Kopfschütteln sorgt. Mitarbeiter des Unternehmens hätten zusammen mit Polizisten im Frühjahr 2012 einen Journalisten "krankenhausreif geschlagen", als dieser versuchte, rechtswidrige Zwangsräumungen auf einem Gelände zu filmen, das Socar als Ölfeld nutzen wollte, erklärt Marie von Möllendorff, Aserbaidschan-Expertin bei Amnesty. "Deshalb würden wir uns wünschen, dass die JU sich vorher über die Organisation informiert und diese Praktiken ihres Sponsors bei einem Treffen anspricht."
Nur wenige Tage, nachdem die Sache an die Öffentlichkeit kam, reagierte JU-Chef Löbel. In einem Brief an die Vorsitzenden der JU-Kreisverbände im Land und die Geschäftsstelle der CDU, der dieser Zeitung vorliegt, schreibt der Mannheimer: "Aufgrund der Diskussion und der sensiblen Lage halte ich es für besser, am Vertrag mit dem Studentennetzwerk nicht weiter festzuhalten und diesen rückgängig zu machen."
Und was sagt die CDU über den Vorgang? Am Freitag habe man von der Unterstützung des "Azerbaijan Student Network" erfahren und "daraufhin die Junge Union um Information und Aufklärung gebeten", sagt Andreas Mair am Tinkhof, Sprecher der CDU in Baden-Württemberg. Nachdem der Vertrag aufgelöst worden sei, betrachte man das "Thema als sachgerecht erledigt".
Löbel verteidigt währenddessen sein Vorgehen. "Dass ein in Deutschland ansässiges Netzwerk für Studenten und junge Menschen aus Aserbaidschan ebenfalls zu den Sponsoren gehört, habe ich nach reiflicher rechtlicher und politischer Prüfung positiv beschieden", sagt er. Der 26-Jährige vermutet hinter der ganzen Aktion eine gezielte Kampagne, die ihm schaden soll. In Sinsheim würde er sich gerne wieder zum Landeschef wählen lassen. Doch zuletzt nahm die Kritik zu. Die parteiinternen Gegner waren mit vielen seiner politischen und personellen Entscheidungen nicht einverstanden. Immer häufiger wurden Meinungsverschiedenheiten öffentlich ausgetragen. "Die erneuten anonymen Vorwürfe aus den eigenen Reihen treffen mich sehr. Zum wiederholten Male wurden offensichtlich interne Informationen detailgenau an die Presse weitergegeben", sagt Löbel.
Die Unstimmigkeiten innerhalb der JU gingen zuletzt so weit, dass sich seine Stellvertreterin Maria-Lena Weiss dazu entschloss, in Sinsheim bei der Wahl zum Vorsitzenden gegen ihn anzutreten. Die 31-Jährige sagt gegenüber unserer Zeitung, sie habe nichts damit zu tun, dass dieser Vorgang öffentlich gemacht worden sei. "Außerdem war ich in die Sponsorensuche nicht eingebunden", erklärt die Rechtsanwältin aus Mülheim. Sie selbst sei sehr verwundert über die Auswahl des Unterstützers gewesen. "Man hätte nicht einen solch dubiosen Sponsor an Land ziehen sollen", sagt sie. Dass Löbel sich jetzt über das Vorgehen der Kritiker beschwert, verstehe sie nicht. "Man darf hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Wir als Junge Union sollten uns gut überlegen, mit wem wir auftreten."
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